Text­ge­flüs­ter #45

Mei­ne Nach­ba­rin ist klug und oben­drein ein Mul­ti­ta­lent. Exper­tin für den Nahen Osten, Ter­ro­ris­mus­for­sche­rin, Psy­cho­lo­gin, Wahr­sa­ge­rin, Kar­ten­le­ge­rin, Yoga-Leh­re­rin und neu­er­dings auch Viro­lo­gen.

& Radies­chen: Kat­zen und Vide­os

Apro­pos Kat­zen­vi­de­os. Was mir in letz­ter Zeit auf­fällt, wenn ich auf Face­book bin: Plötz­lich kom­men alle auf den Hund. Wirk­lich! Der Hund löst die Kat­ze ab! 

Text­ge­flüs­ter #42

Die Mut­ter auf der mit Stoff bespann­ten Lie­ge. Das Kind dane­ben auf einem Hand­tuch, in sei­nen Hän­den hält es einen Stoff­ha­sen. Der Kopf des Hasen wackelt. Das Kind lässt den Hasen auf den Bauch der Frau sprin­gen.

Text­ge­flüs­ter #41

Eigent­lich war Axel ein beschei­de­ner Mensch. Das erkann­te man schon dar­an, wie er sei­nen Namen schrieb, näm­lich mit nur einem A. Dabei protz­te in sei­ner Geburts­ur­kun­de das Doppel‑A. Ein Ass hoch zwei hät­te er wer­den sol­len, der Axel.

Text­ge­flüs­ter #16

Es ist dein paw­low­scher Punkt. Irgend­ei­nen hat jeder, aber du hast die­sen spe­zi­el­len. Spürst Warn­si­gna­le, wo die ande­ren noch gelas­sen. Nur du Spei­chel­fluss, Angst­ge­biss. Noch immer, immer wie­der. Kannst was drü­ber­kon­di­tio­nie­ren, das schon.

Text­ge­flüs­ter #14

„Dei­ne Spra­che ist toll, aber dir gehen zu vie­le Blü­ten auf.“ Ver­riet mir ein Autor, der ande­ren bei­bringt, wie man schreibt.

Text­ge­flüs­ter #13

Der Schrift­stel­ler ist ein ein­sa­mes Mur­mel­tier. Ver­gräbt sich in sei­nem Erd­loch (Arbeits­zim­mer), grü­belt und tippt. DER ein­sa­me Schrift­stel­ler ist natür­lich auch männ­lich! – So sieht man es in den Fil­men, so liest man es auch immer noch in so man­chem Kri­mi ..

Text­ge­flüs­ter #12

Wie gesund ist es, zu schrei­ben? Ich rede hier nicht von Brie­fen und Glück­wunsch­kar­ten – neinm, ich spre­chen von jedem Schaf­fens­pro­zess, von dem ein The­ra­peut sei­nem Pati­en­ten dring­lichst abra­ten wür­de.

Text­ge­flüs­ter #10

Dass ich nicht mehr ganz dicht sei, völ­lig durch­ge­dreht, haben wir man­che gesagt. Dass ich über dem Leben mei­ner Roman­fi­gu­ren ver­gä­ße, mein eige­nes zu füh­ren. Ich habe denen, die mir ihre war­nen­den Wor­te ins Ohr gesäu­selt haben, zuge­hört und an die Farm Ville-Tie­re gedacht, mit denen mir eben die­se Leut­chen mei­ne Face­book-Sei­te zuge­müllt haben.

Text­ge­flüs­ter #8

„Kaum set­ze ich mich vor den Com­pu­ter, schon läuft die Schrift, gibt es kein Ent­kom­men mehr.“ Er beugt sich vor und demons­triert mir das Gesag­te mit weit aus­ho­len­den Arm­be­we­gun­gen. „Alles fließt“, sagt er und sticht unter dem Tisch mit sei­nem spit­zen Knie gegen das mei­ne, sein Fuß klopft gegen das Tisch­bein. „Hör auf das nervt“, sage ich.

Text­ge­flüs­ter #7

„Gestat­ten?“
Der Mann war alt, hat­te wir­res wei­ßes Haar und wei­ße Brust­be­haa­rung. Sein Hemd war bis zum Bauch­na­bel auf­ge­knöpft, zwi­schen den Krin­geln hock­te eine geschnitz­te Holz­fi­gur. Ich war gera­de von einer Lesung gekom­men, eine jun­ge Autorin, nomi­niert für einen Lite­ra­tur­preis.

Text­ge­flüs­ter #6

Wer sind wir, die wir unauf­hör­lich auf den Lap­top ein­ha­cken, uns Horn­haut an den Fin­gern holen, und sobald wir es nicht tun, ein schlech­tes gewis­sen haben? Amei­sen­ko­lo­nien bevöl­kern unse­re Bild­schir­me, ver­sam­meln sich links, zwo, drei, bis das Weiß voll ist. Wir spre­chen in Zei­chen, 370000 cha­rac­ters hät­te er bereits, sagt Tom …

Text­ge­flüs­ter #5

Tex­te wer­den gewo­ben, gestrickt, gehä­kelt, zwei glatt, zwei ver­kehrt, nur nicht zu gera­de, trau dir was zu, hab Selbst­ver­trau­en. Wo die ande­ren doch sowie­so alles zer­re­den und wie­der auf­tren­nen, hin­ter dei­nem Rücken, hin­ter den Zei­tun­gen und in den Zei­tun­gen. Über­all wird der Kopf schief gelegt, wird abge­wo­gen, wird jeder Faden­bruch geor­tet, wer­den Mus­ter und Fes­tig­keit bewer­tet. Hast du dei­ne eige­ne Spra­che oder plap­perst du bloß nach?

Text­ge­flüs­ter #4

Nur man­che schaf­fen es, nicht so früh vom Ast erschla­gen zu wer­den. Also rennt, rennt um euer Leben und lauft bei Sturm­war­nung vor allem nicht durch den Augar­ten. Und wenn, dann habt wenigs­tens nicht ein halb­fer­ti­ges Manu­skript in der Lade.

Text­ge­flüs­ter #3

ich büg­le alles glatt, ich büg­le fal­ten aus, büg­le mich durch mei­ne tex­te und durchs leben, büg­le für die exfrau des bür­ger­meis­ters und die frau des exbür­ger­meis­ters, als schrift­stel­le­rin ver­dienst du bekannt­lich nicht viel, als unbe­kann­te schrift­stel­le­rin noch weni­ger, sprich: gar nichts. und du?

Text­ge­flüs­ter #2

Tom und sein Schreib­ge­rät leben in einer 70-Qua­drat­me­ter-Woh­nung über der Donau. Bis auf die bei­den gibt es dort nicht viel. Seit Tom zu Hau­se ist, um sich aus­schließ­lich dem Schrei­ben zu mie­ten, hat er sich von allem getrennt, das ihn vom Arbei­ten abhält. Dazu gehö­ren unter ande­rem eine Sitz­grup­pe samt Ess­tisch (Besuch von Freun­den kann man sich als Autor nicht leis­ten) und ein Fern­se­her.

Text­ge­flüs­ter #1

„Nimm dir doch mal Zeit und früh­stü­cke mit dei­ner Roman­fi­gur!“
Gut, ich ste­he also extra frü­her auf und gemein­sam fah­ren wir mit dem Rad ins Brü­cke. Leo­nie ist jetzt auf dem Gepäck­trä­ger, sie ist ganz leicht und bringt Füße aus dem Gleich­ge­wicht, ganz anders als die Kin­der auf den Rädern vor mir, der Ein­kauf zur Sei­te kippt, müde vom mor­gend­li­chen Wasch­gang samt Anzie­hen und Schnür­sen­kel­bil­den.