Bil­lig­con­tent­blues

Ich schaue mei­nem Mann ins Gesicht. Sei­ne Augen sind geschlos­sen, als er den Satz zu mir sagt, wir lie­gen im Bett, es ist kurz nach halb sie­ben. 
„Immer das­sel­be, lang­wei­li­ge Ritu­al“, sagt er, als er die Augen auf­schlägt. „Auf­ste­hen, Kaf­fee­ma­schi­ne ein­schal­ten, Zäh­ne put­zen, Käse­brot essen, aufs Klo gehen, duschen, anzie­hen und in die Schu­he schlüp­fen.“
„Ich schlüp­fe mor­gens nie in die Schu­he“, sage ich. 

Der Bio­graf

Anlei­tung: Schrei­be eine Geschich­te mit fol­gen­den Sen­dungs­ti­teln: “Hexe Rel­oa­ded”, “Hop­pa­la, Trak­tor­strah­len”, Stadt­le­ben – Stadt­le­sen”, “Mond­süch­tig”, “Traum­städ­te — Stadt­träu­me” – “Die blaue Sen­dung: Gold­stü­cke”, sowie: “Mör­der, Bio­gra­fen und Radies­chen”.
Ist das dein Ernst?
Und ob!

Péc-Tage­buch 6./7.3.

Als ich sag­te: Ich fah­re nach Ungarn, hat mich mein Jun­ge ängst­lich ange­se­hen. Vor einem hal­ben Jahr war Ungarn für ihn ein Fleck auf der Land­kar­te, Durch­zugs­be­giet. Er hat das Land nur unter sich rum­peln gespürt, nie gese­hen. Ich sit­ze in der Bahn und schaue für ihn aus dem Fens­ter. Schwemm­land, Baum­stümp­fe, geduck­te Häu­ser von denen die Fas­sa­de abblät­tert. (2016)

Juden­bur­ger Notiz #32

Das Werk, das war ein­mal ein gro­ßes, tra­di­ti­ons­träch­ti­ges Werk, ein ver­staat­lich­tes Werk, mit rau­chen­den Schlo­ten. Da bist du aus der Bahn aus­ge­stie­gen und hast gewusst, jetzt bist du dort, wo gear­bei­tet wird, so gestun­ken hat’s.

Arco­las Kat­ze

Er stand neben der Kat­ze, über der Kat­ze, sah auf sie hin­un­ter, auf ihre Hin­ter­bei­ne, die sie leicht gespreizt hat­te, das ange­ho­be­ne Hin­ter­teil, die artig neben­ein­an­der gestell­ten Vor­der­pfo­ten, die Ohren, die sie zur Sei­te gerich­tet hat­te und auf ihre Augen, die starr gera­de­aus blick­ten. (2012)

Die Sonn­ta­ge des T.O.D. Wurst

Tho­mas Otto Domi­ni­ca Wurst trat unter dem Tor­bo­gens sei­ner Wohn­haus­an­la­ge her­vor. Er woll­te Zei­tun­gen holen, fla­dern, sti­bit­zen, klau­en. Fühl­te sich dabei als Laus­bub, und das mit sei­nen 56. Dabei war Tho­mas Otto Dome­ni­ca noch nie ein Laus­bub gewe­sen, auch als Bub nicht, und kaum nicht mehr Bub: immer Stei­rer­hut und Föhn­fri­sur.

Honi­gund­man­dels­o­fia

Die Freu­de woll­te er ins Haus holen, dar­um nann­te er sie Lae­ti­tia. Wenn schon ihre Mut­ter nichts Fröh­li­ches, nichts Aus­ge­las­se­nes mehr besaß. Ganz und gar ver­dorrt war sie, die Gier nach dem Leben auf einen hal­ben Qua­drat­mil­li­me­ter zusam­men­ge­schrumpft, und sogar der saß ganz weit hin­ten im Gehirn. Viel­leicht hät­te er sie damals nicht mit ihm fah­ren las­sen sol­len, viel­leicht fehl­ten ihr der Lärm und der Dreck, aus dem er sie her­aus­ge­ris­sen hat­te, und so wur­de auch sie lei­se, sau­ber und stumm, wie eine frisch reno­vier­te Alt­bau­woh­nung mit schall­dich­ten Fens­tern und einer zwan­zig Zen­ti­me­ter dicken Sty­ro­por­de­cke. (2011)

Art­ners Krea­ti­on (Kurz­kri­mi)

Als sie den Art­ner fin­den, mit dem gan­zen Matsch in Mund und Nase, und noch mehr Matsch  auf Pul­li und Hose, wird dem Kom­mis­sar der Göl­lers­dor­fer Poli­zei ziem­lich übel. Sagen wir es ein­mal so: Es ist sein ers­ter Toter. (2008)